Sonntag, 27. Juli 2008

Landluft

Samstag war die Zeit reif, mal wieder der Großstadthektik zu entfliehen. Kollege Sebastian und ich haben uns den Landstrich südlich von Sydney vorgenommen. Da ich meinen Führerschein verbummelt habe, bin ich in den Genuss zu kommen, Sebastians ersten Fahrversuche im Linksverkehr zu beobachten. Die linken Reifen des Mietwagens sind jetzt weiß gestreift, weil er konsequent mit dem linken Rad auf der Begrenzungsspur gefahren ist. Aber dafür prima, wie er das Nörgeln des Beifahrers weggesteckt hat.
Erste Station war der südlich gelegene Royal National Park. Kaum wird die Landschaft irgendwo touristenverdächtig schön, ist natürlich ein Eintrittsgeld fällig. Auf Deutschland angewendet könnte man dort für jede Fahrt durch die Lüneburger Heide dem Autofahrer locker 10 € abnehmen. Eigentlich war eine Kanutour geplant, der dortige Fluss hatte aber die Attraktivität eines Entenweihers, so dass wir die gewonnene Zeit lieber damit verbracht haben, die allgegenwärtigen Verbotsschilder zu fotografieren. No Jumping anywhere in the Park. Yo!
Der Park hat einen 23 KM Wanderweg an der Küste entlang den ich mir für die wärmeren Monate vorgenommen habe. Heute haben wir die Gelegenheit genutzt, beginnend am schönen Strand (oberstes Foto) "Wattamolla" (Campen verboten, Feuer verboten, Holzkohlegrill verboten) einen Teil des Wanderwegs zu erkunden, und sind an dieser schönen Klippe vorbeigekommen.
Glücklicherweise haben mich andere Wanderer beim Gang zum Klippenrand gewarnt, nicht zu weit zu gehen. Von etwas weiter rechts betrachtet wusste ich, das es diesmal nicht die landestypische Paranoia war. HIER hätte sich mal ein Verbotsschild gelohnt.
Nach der Wanderung ging es weiter Richtung Süden, durch den Ort Scarborough nach Thirroul. Alle vor 1970 geborenen werden jetzt sagen, ah, Scarborough Fair, Simon & Garfunkel, das waren noch Zeiten. Ich bin zwar nach 70 geboren, kenne es aber nur durch einen Zufall sehr genau. 3 x hatte mich mein Gitarrenlehrer verwundert gefragt, ob ich das Lied denn wirklich nicht kenne. Nein, nie gehört, wirklich nicht. Lernen musste ich es trotzdem.
Nachdem ich 2 Einheimische in Thirroul nach einer Restaurantempfehlung gefragt habe, sind wir im "Hotel Beaches" gelandet, welches natürlich nicht am Strand liegt. Ein echter Knaller. Nur 1 h von Sydney entfernt und schon wechselt die Mode von Sakko zu Jogginghose und Caterpillar Boots. Keine Touristen weit und breit und der Ort als Mikrokosmos des australischen Provinzlebens ist als Studienobjekt für das soziale Landleben hervorragend geeignet. Ich stelle es mir so vor, als würde ein Australier sich in Everswinkel in eine Kneipe setzt - als Außenstehender ist dem Nichts abzugewinnen aber man muss es eben als Teil der landestypischen Kultur verstehen. Naja, vielleicht ist der Begriff Kultur hier vielleicht ein wenig dicke, aber eben als Teil eines Ganzen zu verstehen.
Die Kneipe mit dem echt originellen Namen "The Beaches" war ja nicht nur eine Kneipe und - da es Samstagabend war - DIE Anlaufstelle für das ganze Dorf. Neben der eigentlichen Kneipe gab es 3 Restaurants - wie die Bedienung auf Nachfrage über das Essensangebot informierte. Das "Bistro" würde erst um 6 aufmachen, aber wenn wir italienisch essen wollten könnten wir gerne zum Italiener in den 1. Stock gehen oder den Thai nebenan probieren. Das war natürlich purer Euphemismus.
Das Bistro war ein Nebenraum mit Plastiktischen. Ich könnte jetzt diese Beschönigungsfloskeln weiterspinnen und von Event-Cooking mit offener Küche sprechen, aber letztendlich tummelten sich 3 Frauen an 2 Friteusen, die augenscheinlich alle verwandt waren. Über welche Ecken auch immer.
Der Thai war ein Nebenraum im gleichen Stil, allerdings aufgemotzt mit Tischdecken.
Der Italiener war ein Nebenraum im 1. Stock - ganz ohne Tische weil dort gerade Geburtstag gefeiert wurde. Die Feier sah bei erst 4 Gästen und der aufgetakelten Dorfschönheit wartend unter der Diskokugel eher nach einem Kapital aus dem lesenswerten Roman "Fleisch ist mein Gemüse - Der Mensch ist kein Beilagenesser" aus. Ländliche Tristesse.
Wir haben uns dann fürs Bistro entschieden, uns über die anständigen Portionen gefreut und sind von einem Einheimischen noch zu einer Partie Billard genötigt worden, die wir zum Glück verloren haben. Ganz geheuer war der Typ nicht und man kann ja nie wissen. Die eigentliche Idee, irgendwo zu übernachten haben wir dann doch geknickt. Wie in einem echten Studium - die Vorlesungen sind interessant, aber eine Doppelstunde reicht aus.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

sieht ja aus wie breakdance am strand....