Donnerstag, 8. Mai 2008

Pessimistische Reiseführer

Ich habe eine Marktlücke entdeckt. Pessimistische Reiseführer. Jeder, der will, kann gerne draufspringen. Es handelt sich dabei um Reiseführer, in der alles sehr heruntergespielt bis negativ beschrieben ist. Das ist eigentlich nur die logische Weiterentwicklung von im Beruf so oft benutzten "Expectation Management". Dahinter steckt das Prinzip, die Erwartungen beim Geschäftspartner so zu steuern, das er interessiert ist, dann aber auch nicht zu viel Werbung machen, damit er hinterher nicht enttäuscht ist. Reiseführer verfolgen ja eher das Prinzip, alles toll zu beschreiben und mit perfekten Fotos aufzupeppen. Wenn man dann vor Ort und es wirklich toll ist, ist es der gefühlten Wahrnehmung nach "ganz nett". Man kann das z.B. daran feststellen, dass wenn man etwas wirklich Tolles entdeckt, was gar nicht im Reiseführer erwähnt ist, die Begeisterung viel größer ist.
Mein Vorschlag also: im Reiseführer sollte alles so beschrieben sein, dass es so klingt, als seien die Dinge maximal "ganz nett" bis vielleicht nur OK. Dazu sei erwähnt, dass im Englischen ein OK eine andere Bedeutung als im Deutschen hat. Wenn ich z.B. sagen würde, "Meine Freundin ist OK", dann würde mein Englisch sprechender Gesprächspartner die Augenbrauen hochziehen. Nicht, weil er denkt, geil, die muss ich unbedingt kennen lernen, sondern er würde sich wundern, warum ich zugebe, das sie blöd ist. An die weiblichen Leser: Ja, ich weiß, dass ein OK auch im Deutschen nicht das Maximalkompliment ist.
Ein Sydney Reiseführer könnte z.B. so beginnen:

Ankunft am Flughafen: Wenn man die unnötig langen Schlangen an der Immigration aufgrund der lächerlichen Quarantäne-Bestimmungen hinter sich gelassen hat (Paranoia der Australier: ein fremdartiges Pflanzensamenkorn könnte an meinem Schuh kleben oder ich versuche, heimlich einen kranken deutschen Schäferhund einzuführen dessen ansteckende Krankheit danach alle australischen Hunde umbringt was die Katzenpopulation explodieren lässt so dass die Vögelpopulation so dezimiert wird das die Insekten….) , kann man zwischen Taxi und U-Bahn wählen, um in die Stadt zu gelangen. Das Taxi in die Innenstadt kostet ca. 22 AUD, da man aber gerne abgezockt wird, können es für die gleiche Strecke auch 40 AUD werden. Dann lieber die U-Bahn, da ist die Abzocke zwar auch vorprogrammiert, aber immer noch billiger. Ich beschreibe jetzt mal die Ticketpreispolitik einer Fahrt in die Gegenrichtung. Eine Ticket von der Innenstadt zum Flughafen kostet, immerhin ganze 18 KM, knapp 14 AUD, eine Station weiter (!!!) aber weniger als 6 AUD. Spezialtarif für Ausländer. Wer aber meint, man könnte einfach ein Ticket für die längere Strecke kaufen und einfach schon am Flughafen aussteigen, der hat sich geirrt. So doof sind die hier unten auch nicht. Beim Verlassen der U-Bahn Station muss man das Ticket nochmals durch eine Maschine ziehen.

Ich finde, wer so anreist, der kann nur noch durch kurze Wartezeiten am Flughafen positiv überrascht werden und ist nicht enttäuscht, wenn er hinterher die Masche mit der U-Bahn herausfindet. Als ich selbst angereist bin war die Wartezeit kurz, aber ich konnte mich nicht darüber freuen - weil ich das ja als selbstverständlich angesehen hatte. Mir wurde erst hinterher bestätigt, wie viel Glück ich hatte. Als ich dann die Sache über den Extra Flughafenticketpreis spitz bekomme habe, konnte dies mich aber nur prinzipiell erhitzen, schließlich ging's ja nicht um viel Geld.
Der Reiseführer würde weitergehen "Die Oper kann man sich mal angucken, wenn man zufällig in der Nähe ist. Letztendlich auch nur ein großes Haus mit einem lustigem Dach. Völlig überbewertet…" Jetzt hör ich aber auf, sonst denkt ihr wirklich noch, es wäre so schlecht :)

1 Kommentar:

axl hat gesagt…

ist einer meiner Favoritenbeiträge. Schön wäre noch, ein unspektakuläres Opernfoto im Regen.