Freitag, 22. August 2008

Laid back

Heute kam sie wieder vorbei. Weder den Kopf einziehen noch ein intensives Gespräch mit Kollegen schützt vor ihr. Immer spricht sie mich an. Dabei kenne ich nicht einmal ihren Namen.
Die Rede ist von der Spendensammlerin auf meiner Büro-Etage. Die Australier sind ja sonst als "Laid back" bekannt, lassen also alles fast schon nervtötend langsam angehen. Roger hat z.B. versucht, den Managers des Hotels in dem viele von uns wohnen zu überreden, eine Cross-Trainer für den Fitnessraum anzuschaffen. Der Vorschlag wurde begeistert aufgenommen und dann per übelster Hinhaltetaktik über Wochen hinausgezögert ("Ist bestellt", "Kommt bald", "Ist in Singapur beim Zoll"…). Inzwischen ist Roger ausgezogen und das Ding immer noch nicht da.
Wenn es ums Spendensammeln geht, sind die Australier alles andere als Laid back. Mit unterschiedlichsten Methoden, und da sind sie wirklich sehr kreativ, wird man zum Öffnen des Portemonnaies genötigt. Dazu gehören z.B.
  • "Blauer Freitag" - man darf im Büro Jeans tragen und soll dafür spenden, dass Clowns Kinder im Krankenhaus belustigen.
  • Work&Travel Studenten werden angeheuert und an Straßenkreuzungen aufgestellt, um dort Sonnenschutzcreme zu verkaufen und gleichzeitig für die Hautkrebsvorsorge zu sammeln.
  • Unnütze Dinge werden völlig überteuert verkauft, um auch die Demenzkranken nicht zu vergessen
Und mit unnütz meine ich unnütz. Heute beispielsweise hat SIE versucht mir folgende völlig überteuerte Dinge aus ihrem Bauchladen schmackhaft zu machen
  • Einen Rugby Miniaturball. Da hat sie bei nem Deutschen aber ganz stark daneben gegriffen.
  • Eine geblümte Anstecknadel. Mit "how nice, for your wife" wollte sie das kitschige Ding auch gleich noch durch einen möglichen Verwendungszweck aufwerten. Da hab ich mich aber ausgeschwiegen, weil meine familiäre Situation wollte ich nicht mit ihr diskutieren. Hätte ich ne Frau wäre die bestimmt von dem Typ, dass sie sich riesig über ne 50 Cent Anstecknadel freut. Oder wie ein Kollege mit einem Blick auf einen Tschibo-Prospekt, auf dem Schmuck abgebildet war mal sagte "Oh mein Gott, jetzt müssen die Tussen von all den Deppen am Wochenende wieder Dankbarkeit heucheln".
  • Einen gelben Kugelschreiber
Yieppie, was für eine Abwechslung im Büroalltag. Ich habe dann ganze 3 Dollar ohne einen Gegenstand zu kaufen gespendet, damit sie sich endlich verzieht. Pippi Langstrumpf hat so was anders geregelt. Ich hab die Filme ja seit ungefähr 25 Jahren nicht mehr gesehen, kann mich aber noch genau daran erinnern, wie sie eine Handvoll Münzen aus dem umherwandernden Klingelbeutel in der Kirche genommen hat. Aber mit geringelten Strümpfen geht so ein Tabubruch auch einfacher durch.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

pipi langstrumpf hat man gelesen, nicht angeschaut!
genau wie karlson vom dach!

Anonym hat gesagt…

..super, und weil ich mich auch noch so gut daran erinnere (fernsehschauend, nicht-lesend), geigt mir nun die ganze Zeit das dusslige Pipi Langstrumpf-Lied durch den Kopf ... Mit diesem Ohrwurm geht die kommende schlaflose Nacht ganz klar auf Dein Konto.

Oliver hat gesagt…

Oha, der Herr Walldorfschüler verkauft das Fernsehverbot seiner Jugend als Tugend. Das finde ich prima. Wahrscheinlich hat der die 100 Szenen aus Scrubs und Die Simpsons die er immer passend zitieren kann sich auch alle angelesen.
:)